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Als Bedürfnisse bezeichnet man das Verlangen nach dem Tilgen eines Mangels. So mangelte es den ersten Menschen grundlegend an Essen oder auch trinkbarem Wasser. Dieses Bedürfnis zwang unsere Vorfahren auch zum Nomadenleben, um eben diese beiden Bedürfnisse zu befriedigen. Die Frage ist, gibt es diese realen Bedürfnisse überhaupt noch? Oder sind Bedürfnisse in unserer heutigen Zeit eine Fabrikation der Wirtschaft?
Inhalt
2. Moderne Bedürfnisse – Nahrung
3. Marketing im Nahrungssektor
4. Dual-Process Theory
5. Hübsche Menschen
6. Fazit
Erste Errungenschaft
Die erste Revolution war dabei der Ackerbau, denn durch diesen konnte man sich eine geeignete Wasserstelle suchen und Nahrung vor Ort anbauen, um diese grundlegenden Bedürfnisse zu befriedigen. Auch war es nun möglich größere Vorräte anzulegen, da ein Feld in der richtigen Größe einen für ein ganzes Jahr versorgen konnte. Dabei muss auch das erste Mal Überschuss entstanden sein, entweder durch die Größe des Feldes, Qualität des Angebauten oder auch einfach dank günstigen Wetterbedingungen. Zusammenfassend gaben uns Felder erstens relative Planungssicherheit, aber auch mögliche haltbare Überschüsse.
Dennoch existierte selbstverständlich noch Mangel, da der Lagerbestand befallen werden konnte, schlechte Wetterbedingungen eine schlechte Ernte brachten oder andere Stämme nach dem Nahrungsmittel trachteten. Im Laufe der Zeit wurde Ackerbau immer effizienter und effektiver, sei es durch Dünger, neue Maschinen, neues Wissen oder neue Anbauarten. In der Folge wurde auch ein Mangel immer unwahrscheinlicher, da eben die Ernteperioden effizienter genutzt werden können.
Moderne Bedürfnisse – Nahrung
Seitdem ist aber viel in Sachen Nahrung passiert und heutzutage besteht der Prozess der Nahrungsbeschaffung aus dem Weg zum nächsten Supermarkt oder Essensangebot. Gleichzeitig ist die Frage nicht mehr, ob man essen will, sondern vielmehr was man essen möchte. Dadurch kann legitim behauptet werden, es gibt faktisch keinen Mangel mehr an Nahrung. Das das die Realität immer noch in nur einigen Staaten der Welt widerspiegelt ist eine Schande, aber nicht Thema dieses Essays. Nach der Definition eines Bedürfnisses, führt die Abwesenheit des Mangels zu keinem Bedürfnis danach. Nun könnte man sagen, aber man hat doch in der Regel ein wöchentliches Bedürfnis danach einkaufen zu gehen. Das ist richtig aber nur weil wir uns bewusst dafür entscheiden und in der Regel etwas besonderes haben möchte. So wäre es problemlos möglich sich mit 20kg Reis und Tiefkühlgemüse einzudecken, um über einen längeren Zeitraum nichts einkaufen zu müssen.
Würde das jeder machen, hätten wir aber keinen funktionierenden Markt, jedenfalls keinen effektiven und lukrativen. Deshalb setzen Supermärkte und die Produktionsfirmen dahinter auf unseren Drang nach Abwechselung und Luxus. So möchte man ein spezielles Eis haben, ein Getränk oder auch frische Brötchen, aber warum?
Marketing im Nahrungssektor
Das Marketing ist clever und dominiert unser gesamtes Leben. Wir kaufen bestimmte Lebensmittel nicht mehr, weil wir sie brauchen, sondern vielmehr, weil wir sie haben wollen. Das ist erstmal nichts Verwerfliches, gleichzeitig manipulieren uns Werbesprüche, Farbwahl, Lichtwahl und so weiter zu diesem künstlichen Bedürfnis. Ein auffälliges Beispiel sind dabei die Produkte mit dem Zusatz: „Mit extra viel Protein“ oder ähnlichen Sprüchen. Wofür steht denn Protein eigentlich? Nun für uns für Schlagwörter wie Sport, Muskeln oder Fitness. Gleichzeitig werden in Werbungen aller Art für solche Produkte immer wieder solche oder ähnliche Schlagwörter verwendet, aber das stimmt nur halb. Es wird folgende Gleichung suggeriert Protein = Muskelaufbau. In der Realität ist es vielmehr Sport + Sport + ausgewogene Ernährung + extra Protein = Muskelaufbau. Dort existiert ein kleiner Unterschied. Der Effekt ist aber groß, viel mehr Menschen würden vor dem Kühlregal eher zum Proteinjoghurt greifen, einfach weil sie sich dann besser fühlen. Das es in der Regel gar nicht so einen großen Unterschied macht und Muskelwachstum auf ganz andere Aspekte ankommt, ist den Menschen dabei egal. Es geht um ein Gefühl und dieses Gefühl ist künstliche Nachfrage.
Dual-Process Theory
Wie schaffen Werbetreibende das? Dies erklärt die „Dual-Process-Theory“. Demnach haben wir zwei Systeme in unserem Kopf, ein intuitives und ein rational denkendes. Werbung zielt logischerweise auf ersteres ab, da wir in der Regel nicht erst alle Möglichkeiten bei jedem Produkt durchspielen, sondern vielmehr nach Gefühl arbeiten. System eins entscheidet dabei nach Erfahrungen, Emotionen oder Erinnerungen und ist eigentlich dafür da in Gefahrensituationen schnell reagieren zu können. Dabei bedenken wir unsere Aktion nicht bewusst, sondern unterbewusst und genau dieses Unterbewusstsein ist das Ziel der Werbung.
Hübsche Menschen
Gehen wir zur Kleiderindustrie. Da es dort ein weiteres Merkmal gibt, das mittlerweile auch in anderen Branchen wie der Lebensmittelindustrie Einzug erhalten hat. Dazu passt dieses Bild:
Photo by Peter Duhon
Das ist ein Bild einer berühmten Fashionshow. Sollte man nun dieses Bild analysieren erhält man folgende Stichwörter.
- Hübsche Menschen
- Schöne Kleidung
Diese beiden Merkmale stehen unmittelbar in Relation. Indem bildhübsche Models, sei es auf dem Laufsteg oder in Werbung uns zeigen, wie man in dem Kleidungsstück aussehen kann werden wir schon getäuscht. Da es den meisten Menschen wichtig ist gut auszusehen und sie durch die Werbung folgendes suggeriert bekommen: „Durch unsere Kleidung wirst du schön“, neigen sie eher dazu etwas zu kaufen. Durch den vielen Onlinehandel ist diese Illusion noch viel mehr in den Fokus gerückt, da man die Teile nicht mehr anprobiert, bevor man sie kauft. Um es wieder in einer Gleichung dazustellen:
Suggeriert: | Ich + Kleidung = hübsch |
Realität: | Model + Kleidung = hübsch |
Damit möchte ich nicht sagen, dass man durch die Kleidung nicht besser aussieht, aber durch das Bild des bildhübschen Models werden falsche Vorstellungen erschaffen. Das sorgt dafür, dass man ein Kleidungsstück nicht kauft, weil man es braucht. Man kauft es, weil man es haben will, da man es mit besserem Aussehen verbinden. Und wieder wurde ein künstliches Bedürfnis geschaffen.
Fazit
Für all dies lassen sich noch viele weitere Beispiele finden, auch die sozialen Medien. Das Ziel guter Werbung ist es, ein bestimmtes wohlwollendes Gefühl mit einem Produkt oder auch einer Marke zu verbinden. Außerdem versucht Werbung uns durch eine hohe Wiederholungszahl, davon abzuhalten auf System zwei (das rational denkende) zurückzugreifen, weshalb man sich nicht selten fragt warum man das jetzt eigentlich gekauft hat. Man soll möglichst schnell eine Entscheidung treffen, die nur auf imaginären Erfahrungswerten basiert. Somit kann man die Frage aus dem Titel mit ja beantworten, die heutige Nachfrage ist eine Fabrikation der Wirtschaft und basiert in der entwickelten Welt kaum bis gar nicht mehr auf echten Bedürfnissen. Es geht nicht mehr um das Brauchen, sondern vielmehr um das Wollen.