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Fridays for Future: Aktivismus

Ein Muster für modernen politischen Aktivismus – Fridays for Future

Die aktuell relevanteste aktivistische Gruppierung ist Fridays for Future. Die Ein-Ziel Bewegung beschäftigt sich mit der Bekämpfung des Klimawandels und wird von der jungen Bevölkerung getragen. Diese kann als modernste Form des Aktivismus betrachtet werden und wird voraussichtlich als Muster für neue soziale Bewegungen dienen. Deshalb lohnt es sich die Ziele, Struktur und Methoden der Organisation genauer zu betrachten. 

Ziele und Zielgruppe

Die Ziele der Organisation sind auf der Website klar definiert und lassen sich wie folgt zusammenfassen. Allem übergeordnet ist das Ziel die Erderwärmung unter 1.5 Grad Celsius zu halten. Dieses Ziel ergibt sich aus dem Pariser Klimaabkommen, zu welchem sich die europäischen Regierungen bereits auf dem Papier verständigt hatten. Für FFF (FridaysforFuture) liegt das Problem in der Umsetzung. Das Ziel und mögliche Umsetzungsstrategien sind vorhanden, was fehlt ist der Wille und Mut diese zu erreichen.  

Neben diesem Ziel äußern die einzelnen Landesabteilungen auch konkrete Ziele für das jeweilige Land, die als Handlungsanweisungen und Fahrplan verstanden werden können. Im Konkreten bedeutet das für Deutschland: 

  1. Klimaneutralität bis 2035 
  1. Kohleausstieg bis 2030 
  1. 100% erneuerbare Energien bis 2035 

Um diese Ziele langfristig erreichen zu können, wurden auch Sofortmaßnahmen bestimmt. Diese umfassen einen sofortigen Kohle-Teilausstieg, eine CO2 Steuer und eine Beendigung der Subventionen für fossile Energieträger.  

Ähnliche Ziele finden sich in den Motivationspapieren anderer Ländergruppierungen, aber es gibt Unterschiede in der Struktur, dazu aber unter dem Punkt Struktur (link) mehr.  

Die Zielgruppe ergibt sich schon aus der “Gründerin” der Bewegung. Die damals 15.-jährige Greta Thunberg setzte sich freitags während der Schulzeit vor das schwedische Parlament, die Geburtsstunde der Bewegung. Allein aus diesem Start und dem Motto “for future” wird klar, dass es sich um eine Bewegung für die junge Generation handelt, die auch von dieser getragen wird. Das bedeutet nicht, dass andere Altersgruppen ausgeschlossen werden. Im Konzeptpapier des deutschen Ablegers wird deutlich was das Selbstverständnis der Gruppierung ist. Darin heißt es: 

“Wir sind eine Jugendbewegung. Unsere Aktionen und Events sind grundsätzlich so gestaltet, dass Kinder und Jugendliche ohne Probleme an ihnen teilnehmen können” (“Strukturpapier – Fridays for Future”)  

Durch die angepriesene Überparteilichkeit ergibt sich ein Ausschluss von Personen, die für ein hauptamtliches parteipolitisches Mandat kandidieren, oder innehaben. Diesen ist es verboten im Namen FFFs zu sprechen. 

Aufbau und Struktur

Der Aufbau der Organisation ist zunächst einmal hierarchisch, basisdemokratisch, aber lose organisiert. Lokale Gruppierungen können sich selbständig gründen und nach einer Ratifizierung selbstständig agieren. Ressourcen auf Bundesebene sind für alle (ratifizierten Ortsgruppen (OGs)) frei zugänglich und Aktionen können entweder regional, national oder weltweit organisiert werden. Jeder kann unter den zuvor benannten Einschränkungen im Namen FFFs sprechen. Solange die Person die Grundsätze der Organisation achtet.  

weltweit 

Die Aufgabe der übernationalen Organisation ist es Studien in Auftrag zu geben, die Bewegung in Länder zu bringen, den “Star” Greta Thunberg öffentlichkeitswirksam einzusetzen und die Grundsätze festzulegen. Mutmaßlich schützen sie auch die Bewegung bei juristischen Fragen oder Problemen.  

national und regional 

Die nationale Ebene formuliert nationale Ziele und dient als Sprachrohr der Bewegung auf nationaler Ebene. Sie stellt den regionalen Ablegern Ressourcen bereit und vermittelt zwischen diesen und der übernationalen Ebene.  

Häufig wurden diese nationalen Bewegungen auch selbständig als Reaktion auf den Protest Thunbergs, oder auch schon früher, gegründet. Deshalb sind auch nicht alle nationalen Vereinigungen nach dem Muster “FFF-Ländername” benannt. Das vereinende Element sind dabei die Ziele, aber es existiert keine Weisungsbefugnis der internationalen Ebene über die nationale Ebene. Das zeigt einmal mehr den losen Charakter der Organisation. 

Anders sieht das, zumindest in Deutschland, zwischen nationaler und regionaler Ebene aus. Folgende Bedingungen muss eine OG (Ortsgruppe = regionale Gruppe) erfüllen, um offiziell anerkannt zu werden.  

“a) OGs sind unabhängige Gruppen, bestehend aus mindestens drei aktiven Personen, dabei sind Ausnahmen möglich.  b) Die Personen müssen aus der Nähe eines existierenden Ortes oder Kreises oder aus solchem kommen.

c) In einem Ort darf es nur aus stichhaltigen Gründen zwei OGs geben.

d) OGs stehen hinter den Forderungen von FFF DE

e) OGs handeln nach dem Aktionskonsens und Selbstverständnis 

f) Jede OG muss überparteilich sein […]” (“Strukturpapier – Fridays for Future”)

Bei einer so genannten OG-Abstimmung werden diese Voraussetzungen geprüft. Ist eine OG legitim hat sie Anspruch auf Bundesmittel und erhält das Recht auf zukünftigen OG-Abstimmungen abzustimmen. Diese Rechte können sie bei Verstößen gegen die Grundsätze wieder verlieren.  

Ist eine OG legitimiert darf sie zwei bis vier Delegierte bestimmen, die sie auf Bundesebene vertreten. Das folgende Schaubild versucht die Schnittstellen und Institutionen zwischen der regionalen und nationalen Organisation darzustellen.  

 

Institution 1. Ebene  Unterinstitution  
CTF = Communication Task Force 

 

OG-Abstimmungen 

Deli-TK = Delegierten Telefonkonferenz 

AGSK = AG-Sprecher*innen-Konferenz 

 

KG = Koordinations-Gremium 

AKW = Admingruppe zur kurzen Weiterleitung 

OG = Ortsgruppe 

 

TK = Taskforce 

Delegierten 

AG = Arbeitsgruppe  RegioAG 

 

Plena (Mehrzahl von Plenum)  FITNA = Frauen, Inter Menschen, Nichtbinäre Menschen, Trans Menschen und Asgender Menschen 

BiPoC = Black, Indigenous and People of Color 

 

   

 

 

 

Grundsätze (Selbstverständnis)

Aus dem Strukturpapier geht hervor, dass sich FFF als hochmoderne Organisation versteht, die sich klar für die Inklusion von gesellschaftlichen Minderheiten bekennt. Konkret haben BiPoC und FITNA Personen eine herausgehobene Rolle innerhalb der Organisation. Neben festen Quoten bei verschiedensten Positionen, haben diese Gruppen mithilfe der ständigen Vertretung in den Plena die Möglichkeit, ein absolutes Veto bei Entscheidungen einzureichen, wenn sie ihre Rechte als Personen verletzt sehen. Auch anderen Minderheiten steht es offen ein Plenum zu kreieren, diese müssen lediglich durch die OG-Abstimmung legitimiert werden.  

Außerdem wird auch die basisdemokratische Grundlage der Struktur schnell ersichtlich. Weiter bekennt sich die Organisation als gewaltfrei und verurteilt jegliche Gewalt, auch zieldienliche Einsätze lehnt sie ab. Neben eigener Inklusion, distanziert sich die Organisation zusätzlich klar von jeglichem antisemitischen Gedankengut und allgemein rechts-außen Positionen, insbesondere der Exklusion von Personengruppen. 

Formen des Protests

Bei der Form, die die Proteste von FFF annehmen, lässt sich wieder einmal auf den Namen beziehungsweise das Motto verweisen. Die ursprüngliche Idee war es freitags während der Schulzeit zu streiken. Die Form des Protests ist für aktivistische Organisationen essenziell und sollte gut gewählt sein. Das Ziel der aktivistischen Protestformen sollte es, wie bereits erwähnt, sein öffentlichkeitswirksam und provozierend zu agieren. Dabei ist die öffentliche Meinung entscheidend für den Erfolg aktivistischer Organisationen, häufig ein schmaler Grat.  

FridaysforFuture ist immer noch für ihre ursprüngliche Form des Protests bekannt, musste sich aber im Zuge der erschwerten Bedingungen durch die Corona Pandemie breiter aufstellen und adaptieren. So wurden ihn der Pandemie mehr Papier, als Menschen bewegt.  

Ein Beispiel ist das Auslegen von unzähligen Demoplakaten vor dem deutschen Bundestag, die zusammen eine Choreografie ergaben. Situationsbedingt verschoben sich die Proteste von der realen Welt in die sozialen Netzwerke. Nicht wenige Wissenschaftler hatten Befürchtungen ausgesprochen, dass die Bewegung, die von der sozialen Interaktion junger Menschen lebte, sehr geschwächt wiederkehren sollte. Bei den ersten Demonstrationsaufrufen nach dem Aufheben der Pandemie-Maßnahmen scheint sich aber diese Befürchtung nicht zu erfüllen.  

Demnach war und sind weltweit organisierte Demonstrationen zu unbequemen Zeiten das Markenzeichen Fridaysforfuture. Weitere Präsenz zeigt die Bewegung in Talkshows, repräsentiert durch ihre Führungspersönlichkeiten, aber auch das in Auftrag geben wissenschaftlicher Forschungsarbeiten, die die Forderungen unterstützen.  

Zusammenfassend geht es FFF primär darum, allen die Möglichkeit zu geben sich für “die Sache” einzusetzen. Das sieht man auch bei der Wahl der Protestformen, die familienfreundlich aufgebaut sind und keinen großen persönlichen Einsatz einfordern. Radikalere Formen des Protests sind bei FFF nicht vorzufinden, für sie heiligt der Zweck nicht die Mittel.  

FFF – Ein Muster für modernen Aktivismus

Familienfreundlich, modernes Gedankengut, ideale Vorstellungen aber mit wissenschaftlichem Hintergrund und konkreten und meist faktenbasierten Handlungsanweisungen. Dazu ein basisdemokratischer Aufbau mit lose verbundenen Organisationsteilen und friedlicher Demonstrationsform, das macht FFF aus und könnte auch Charakteristika für eine neue Form der Ein-Ziel Bewegungen werden. Diesen macht folgendes aus: 

Ein Aktivismus der tatsächlich in faktisch geführten Debatten gewinnen kann und dazu in der Lage ist idealistische Ziele in realistische umzuformen. 

Ein Aktivismus der nicht zwingend von Einzelpersonen lebt und sich einem großen Gruppenkonsens unterordnet.  

Setzt sich ein solcher Aktivismus durch schafft es neue Facetten für die Demokratie und könnte erreichen was der Schulunterricht bei vielen misst zu erreichen, wahres Interesse an Politik. Diese Art der neuen politischen Partizipation schafft, was Wahlen nicht zwingend schaffen. Sie zeigt jungen Menschen, durch greifbare soziale Zugehörigkeit, dass sie etwas bewegen können. Politik wir dadurch nahbar, weil man nur mit der puren Anwesenheit zusammen mit Freunden die Möglichkeit hat Einfluss auf die Politik zu nehmen und das ganze ohne Gefahr für Leib und Leben.  

Selbstverständlich lässt sich beispielsweise über die zwanghaft wirkende Integrierung von FITNA, BiPoC und anderen Minderheiten streiten, die innerhalb der Organisation eine Macht erhalten die weit über Minderheitenschutz hinausgeht. Aber es sind moderne Ansätze und es muss darüber gesprochen werden. Worüber aber nicht diskutiert werden muss ist das Überleben unserer Spezies, wir müssen das Ziel von maximal 1.5 Grad einhalten, koste es was es wolle und dafür ist die Organisation FFF zu bewundern.  

Weiterführende Literatur & Informationen:

Strukturpapier

Buch: Fridays for Future – Die Jugend gegen den Klimawandel: Konturen der weltweiten Protestbewegung

www.Politikeu.de