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Ein Index zum vergleichen von Staaten: „State Identity“ – Konzeption

Photo von Nick Youngson (http://www.nyphotographic.com/)

 

Indizes oder die wohl bekanntere Einzahl: Index ist zunächst einmal wirtschaftlich zu verstehen. Dort werden diese schon länger als statistische Messzahl eingesetzt, um Veränderungen in gewissen Bereichen über einen bestimmten Zeitrahmen zu messen. In den letzten Jahren hat der Begriff auch in die vergleichende Politikwissenschaft Einzug erhalten. So werden Indizes benutzt, um die Stabilität politischer Systeme zu messen, die Transparenz von Staaten oder auch allgemein die menschliche Entwicklung mit dem bekannten „Human Development Index, HDI“.

Inhalt

Was sind Indizes

Das Funktion von Indizes ist es Daten auszuwerten und diese mit einer allgemein gültigen Zahl zu repräsentieren. Somit werden komplex erhobene Daten zusammengefasst und in der Folge mit Daten anderer Untersuchungsobjekte verglichen. Der Vorteil liegt auf der Hand. Durch das Reduzieren auf eine Kennzahl, lässt komplizierte Vergleiche einfach zu, aber auch die Ergebnisse einfach vergleichbar. Zudem sind Indizes für jeden lesbar, ohne sich grundlegend in die Materie einarbeiten zu müssen. Wenn man beispielsweise wissen möchte, wie gut Deutschlands Demokratie ist, schaut man sich einfach die Indizes der letzten Jahre des „Sustainable Governance Index“ an und kann daran bewerten, ob sich die Demokratie in den letzten Jahren zurück- oder weiterentwickelt hat.

Funktionsweise

Grob wurde bereits angeschnitten, wie ein solcher Index funktioniert, hier nochmal eine allgemeine Funktionsweise. Thema A soll begutachtet werden, um mit den Daten Land A und Land B im Bezug auf das Thema zu vergleichen. Man könnte nun die Datenlage einzeln betrachten, also Land A ist bei Thema A vorne, aber Land B bei Thema B. Das ist aber unfassbar kompliziert und man weiß nicht genau wie man die einzelnen Themen werten soll. Dort hilft ein Index aus. Dieser definiert die Wertigkeit der einzelnen Themen und gibt ihnen einen Wert. Diese Werte werden mit einer gewissen Formel verrechnet, die gewisse Parameter wie Bevölkerungsdichte oder ähnliches beachtet. Man kann auch sagen ein Index besteht aus mehreren Indizes. Am Schluss ergibt sich in der Regel ein fester Wert, der mit anderen Werten vergleichbar ist, die nach demselben Muster erschlossen wurden.

Nachteile

Nachteil ist dabei, dass es einige Werte gibt, die Mathematisch nicht als einfache Zahlen ausgedrückt werden können. Somit werden häufig komplizierte Sachlagen, zu oberflächlich betrachtet, da ein Wert nicht präzise sein kann. Gleichzeitig gibt man ja einer Sache eine positive oder negative Wertung, dass kann zum Problem werden, wenn es im Auge des Betrachters liegt, ob die Sache positiv konnotiert werden kann oder nicht. Auch kommt es vor, dass gewisse essenzielle Bereiche nicht herangezogen sind, die aber eigentlich ausschlaggebend für die Wertung wären.

Ein prominentes Beispiel dafür ist das BIP. Der Index gilt weltweit als Indikator Wohlstand eines Landes zu messen, gleichzeitig sammelte sich in den letzten Jahren immer mehr Kritik bezüglich der Aussagekraft. Das BIP betrachtet nämlich nur realwirtschaftliches Wachstum, vermisst aber psychologische Aspekte, wie Arbeitszeit, Umwelt oder das Gesundheitssystem. Diese Werte gehören auch zu dem Kapital eines Landes und sind gewissermaßen Indikatoren von Wohlstand. Deshalb gibt es eine ganze Reihe alternativer Indizes, wie den HDI, die solche Einflüsse einbeziehen. Gleichzeitig verwendet das BIP messbarere Zahlen, da es schwierig ist psychischem Wohlbefinden eine Zahl zuzuordnen.

Der Index in der Politikwissenschaft

Neben diesen Wohlstands- oder auch Lebensqualitätsindikatoren gibt es auch einige, die gewisse Staatsformen betrachten. Zum Beispiel zur Verfassung von Demokratien der „Sustainable Governance Index, SGI“. Gleichzeitig gibt es auch viele Staaten, die angeben eine Demokratie zu sein, aber gleichzeitig versuchen sie zu zerschlagen. Schaut man sich allerdings beispielsweise den nahen Osten an, findet man häufig noch Monarchien oder auch Clangefüge, die sich auch selbst als solche sehen. Nur weil ein Staat keine Demokratie ist, muss er ja nicht unbedingt schlecht geführt sein. Wobei unzweifelhaft die Demokratie momentan wohl die beste Staatsform auf der Welt ist.

Dieser Artikel soll einen möglichen Index aufzeigen, der dieses Defizit beseitigt und Staaten aus einer neutralen Perspektive betrachtet. Um damit zu arbeiten, muss die Annahme gegeben sein, dass ein Staat gut ist, wenn er oder die regierenden Personen das durchführen, was propagiert wird. Umgeschrieben bedeutet das, ein Staat ist gut, wenn er in sich stimmig ist. Somit sollte ein Staat, der sich Demokratie nennt, nach dem Status der Demokratie gemessen werden. Gut ist dabei eventuell etwas irreführend. Es geht darum, ob ein Staat den Bürgern etwas vorgaukelt oder ob er offen mit seinen Ansichten und Überzeugungen umgeht.

Konzeption eines Indexes

Dieser Artikel soll einen möglichen Index aufzeigen, der dieses Defizit beseitigt und Staaten aus einer neutralen Perspektive betrachtet. Um damit zu arbeiten, muss die Annahme gegeben sein, dass ein Staat gut ist, wenn er oder die regierenden Personen das durchführen, was propagiert wird. Umgeschrieben bedeutet das, ein Staat ist gut, wenn er in sich stimmig ist. Somit sollte ein Staat, der sich Demokratie nennt, nach dem Status der Demokratie gemessen werden. Gut ist dabei eventuell etwas irreführend. Es geht darum, ob ein Staat den Bürgern etwas vorgaukelt oder ob er offen mit seinen Ansichten und Überzeugungen umgeht.

a. „Cooperate Identity“

Im Unternehmensbereich gibt es das Konzept der „Cooperate Identity“, diese ist wie folgt definiert:

„Das Corporate Identity-Konzept kann als ein strategisches Konzept zur Positionierung der Identität oder auch eines klar strukturierten, einheitlichen Selbstverständnisses eines Unternehmens, sowohl im eigenen Unternehmen als auch in der Unternehmensumwelt, gesehen werden“. (Garber Wirtschaftslexikon)

Somit geht es dabei um ein Selbstbild des Unternehmens, darunter fallen Firmenfarben, einheitliche Präsentationlayouts oder auch Schriftarten. Sie dienen im Optimalfall als Identifikation des Unternehmens. Sprich man weiß um welches Unternehmen es sich handelt, wenn man die Farben sieht. Gleichzeitig führt das zum gegenteiligen Begriff, dem Fremdbild. Ein Unternehmen hat eine gute „Cooperate Identity“ wenn eine Person von außerhalb des Unternehmens überall erkennt um welches Unternehmen es sich handelt, da die gleichen Farben und weitere Merkmale verwendet werden. Somit ist es die Aufgabe von Unternehmen klare Grundlagen festzulegen, an denen sich jegliche interne, aber auch externe Kommunikation orientiert.

b. „State Identity“

Das könnte man nun auf einen Staat ummünzen, in welchem Fall es „State Identity“ heißt. Das Prinzip bleibt dasselbe, nur geht es nicht darum, dass der Verwaltungsapparat die richtigen Farben verwendet. Vielmehr stehen Aussagen des Staates im Kern. Um das Beispiel von vorhin erneut aufzugreifen. Staat A bezeichnet sich in der Verfassung als Demokratie. Somit sollte er daran gemessen werden, ob das wirklich der Fall ist.

Zunächst muss dafür geklärt werden, was denn „Staatsaussagen“ sind. Darunter fallen insbesondere Aussagen der Verfassung oder historisch bedingte Grundsätze, aber auch aktuelle Staatsdoktrin. Diese hängen wiederum von der regierenden Gruppe ab. Das umfasst dann Regierungserklärungen oder lassen sich aus dem Programm der Person oder Gruppe entnehmen. All dieses kann als Eigenbild oder eben „State Identity“ betrachtet werden. Da es von der Regierung abhängt, kann ein Regierungswechsel durchaus auch Stückweit ein Identitätswechsel bedeuten. Diese „State Identity“ dient in der Folge als Bewertungsgrundlage. Aus dieser Identität ergeben sich mögliche Fragen.

c. Umsetzung

Da das Ziel des Indexes ist die Stimmigkeit zwischen Selbst- und Fremdbild zu messen, muss die „State Identity“ mit der äußeren Wirkung oder dem Fremdbild abgeglichen werden. Dabei gibt es wiederum verschiedene Fremdbilder, die wichtigsten sind wohl die der eigenen Bevölkerung und die des Auslandes. Als Messwerkzeug würden sich Umfragebögen anbieten, um die Stimmung in der Bevölkerung am besten bewerten zu können. Ein Umfragebogen könnte beispielsweise so aussehen

Fragestellung 1 2 3 4 5 6

 

Mit dem Beispiel „Staat A hat in der Verfassung stehen, wir sind eine Demokratie“ könnte eine möglicher Umfragebogen so aussehen. Dabei stehen die Zahlen für folgende Werte:

1 = Stimme gar nicht zu

2 = Stimme nicht zu

3 = Stimme eher nicht zu

4 = Stimme eher zu

5 = Stimme zu

6 = Stimme voll zu

Fragestellung 1 2 3 4 5 6
Wir sind eine Demokratie

 

Dabei wird die Haltung der Bevölkerung zu den Aussagen bestimmt. Zählt man die Punktzahl für eine Frage zusammen und teilt sie dann durch die Anzahl der abgegebenen Stimmen, erhält man einen Durchschnittswert.

In einem zweiten Schritt würde eine Auswahl aus der nationalen Wissenschaftsgemeinschaft ebenfalls diesen Fragebogen beantworten. Diese beiden Umfragen zählen jeweils einfach. Dies dient einer Erhöhung der Wertigkeit des nationalen Fremdbildes, da dieser Index die nationale Meinung hervorhebt. Dieses erfolgt mit dem Hintergedanken, dass für einen Staat das Wohl der Bevölkerung an erster Stelle stehen sollte.

In einem dritten Schritt, wird nun das Ausland befragt, wobei man sich dort auf die Außenministerien der Staaten konzentrieren sollte. Diese beschäftigen sich am meisten mit den Staaten und haben durch die zwischenstaatlichen Beziehungen vom Ausland den besten Überblick. Das Ergebnis dieser Umfrage erhält ebenfalls eine Wertigkeit von eins.

Final müssen nun die Durchschnittswerte addiert werden und man erhält einen Wert, der mit anderen Staaten vergleichbar ist. Gleichzeitig erhält man aufgeschlüsselt auch Informationen über Unterschiede in der Wahrnehmung einzelner Berufsgruppen, Geschlecht oder auch regionale Herkunft. Zudem lässt sich durch den dritten Schritt die Meinung des Auslandes skizzieren, wobei man einzelne Bereiche in der Welt isoliert, betrachten kann. Generell gibt einem dieser Index die Möglichkeit Staaten neutral nach ihrer Stimmigkeit (zwischen Eigen- und Fremdbild) zu bewerten.

d. Probleme

Selbstverständlich gibt es auch einige Probleme, die auftreten können.

  1. Muss die Gruppe an befragten Bürgern echt repräsentativ sein, ist das nicht gegeben, kommt es zu Unstimmigkeiten.
  2. Sollten nur unabhängige Wissenschafter befragt werden. Bei staatlichen Institutionen ist die Gefahr gegeben, dass Meinungen diktiert werden.
  3. Starke Staatspropaganda ist ein Problem, da sie die Meinung der Bürger zu sehr manipuliert und diese dadurch keine unabhängigen Daten abgeben werden.
  4. Die Außenministerien sind zwar der beste Anlaufpunkt, gleichzeitig kann auch dort die Bewertung angepasst werden, je nachdem welche zukünftigen Beziehungen man mit einem Staat aufbauen will, beziehungsweise welche man hat.
  5. Es gibt keine große unabhängige Wissenschaftsgemeinschaft innerhalb eines Landes, das würde die Datenerhebung erheblich erschweren
  6. Nicht jeder Staat hat gleich viele „Staats-Aufträge“ deshalb müsste gewissermaßen selektiert werden, wodurch möglicherweise das Ergebnis verfälscht, wird

Für diese Probleme müssten Lösungen gefunden werden. Gleichzeitig würden diese Szenarien auffallen und wiederum Daten liefern, die anders verwendet werden könnten. Fällt beispielsweise das Fremdbild der Bevölkerung weit mit dem des Auslandes auseinander, könnte man auf einen hohen Einfluss des Staates auf die Meinung seiner Bevölkerung schließen.

Fazit

Um die Funktionalität zu beweisen, müsste man eine konkrete Umfrage durchführen, aber das Konzept an sich könnte funktionieren und hat Potential. Ich glaube es würde die Probleme vieler Indizes lösen, dass sie zu voreingenommen agieren. Der „State-Identity Index“ würde vielmehr einen Staat so akzeptieren wie er ist und sich darauf konzentrieren, ob er sich offen so gibt oder verschleiert hinter dem Rücken der eigenen Bevölkerung agiert, in welchem Fall er nicht das Interesse der Bevölkerung widerspiegelt und faktisch ein schlechter Staat ist.

 

 

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