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Wie Investitionsstau entsteht und der subtile Einfluss von Lobbyisten

Photo von David Iliff

Häufig denkt man sich bei großen politischen Themen, dass Thema hätte doch auch mal früher angegangen werden können, dann wären wir jetzt nicht auf einer brennenden Bohrinsel, die wir möglichst schnell löschen müssen. Gleichzeitig muss, um bei der Metapher zu bleiben viel mehr investiert werden, um das Feuer zu löschen, wenn es schon sehr weit fortgeschritten ist. Wäre es nicht schön, wenn man wüsste wo das Feuer ausbrechen würde, dann könnte man es brandfest einzäunen. Das niemand hellsehen kann was passiert ist klar, aber gleichzeitig gibt es Frühprognosen, die an Modellen ziemlich genau bestimmen können, nicht zuletzt mithilfe von Computerprogrammen, was für Probleme in der nahen Zukunft auftreten werden. Dabei sind schon Symptome vorhanden, aber waren nicht schon vor 16 Jahren Anzeichen einer Erderwärmung messbar? Wieso also brauchen Demokratien so ewig lange, um eine ernstzunehmende Gegenreaktion zu entwickeln?

Inhalt

 

Entscheidungsketten

Um dieser Frage nachzugehen, muss man zunächst einmal erörtern, wie Entscheidungsketten aussehen. Dabei schauen wir uns das deutsche Modell an. Entscheidungskette meint dabei den Prozess von einem Event zu einer Gegenmaßnahme. Das Grundgesetz definiert ziemlich genau wie solch ein Prozess auszusehen hat. Zunächst werden in der Regel Bundestagsabgeordnete auf ein Problem eines Gesetzes oder eine neue Idee eines Gesetzes durch die Öffentlichkeit hingewiesen. Sprich durch Kundgebungen oder Medien. Umso mehr Popularität ein Thema hat umso wahrscheinlicher ist, dass genügend Abgeordnete gewonnen werden, um einen Vorschlag einbringen zu können. Die Popularität innerhalb der Bevölkerung ist der wichtigste Indikator für Abgeordnete.

Eine zweite Möglichkeit ist es, dass einige Bundestagsabgeordnete beziehungsweise eine Fraktion ein Thema an dich Öffentlichkeit bringen, in der Hoffnung den Druck auf andere Fraktionen oder Mitglieder des Bundestages auszuüben. Dadurch steigt die Wahrscheinlichkeit, dass ein Gesetz umgesetzt wird. Da es in Deutschland keine Möglichkeit der Volksabstimmung auf nationaler Ebene gibt, werde ich diese als Pfad weglassen.

Nach Artikel 76 des Grundgesetzes dürfen folgende Gruppen Gesetze einbringen:

  1. Mitte des Bundestages (5% der Abgeordneten oder eine Fraktion)
  2. Bundesrat
  3. Bundesregierung

Allgemeine Gesetzeseinbringung

a) Erste Anhörung

Kommt ein Gesetzesvorschlag aus der „Mitte des Bundestages“ geht es am schnellsten. In den ersten beiden Schritten nach Ausarbeitung eines Vorschlages kann der Gesetzesentwurf, ob Änderung oder neu im Bundestag verlesen. Gleichzeitig erhalten alle Abgeordneten die nötigen Informationen schriftlich, eine erste Anhörung ist nicht Pflicht und hängt viel vom Öffentlichen Interesse und der Kontroversität ab. Somit hat jeder einen groben Überblick, worum es gerade geht. Der Gesetzesentwurf selbst wird an den zuständigen Ausschuss weitergegeben.

b) Ausschüsse

Ausschüsse sind ein Instrument des Bundestages, um Fachbereiche zu bilden, wodurch sich nicht jede(r) Abgeordnete(r) und seine Mitarbeiter*innen sich in jeden Themenbereich einlesen müssen. So befasst sich beispielsweise Karl Lauterbach mit gesundheitspolitischen Themen während Christian Lindner auf die Wirtschaft spezialisiert ist. In den Ausschüssen wird der Gesetzesentwurf detailliert durchgelesen, mögliche Folgen also Vorteile und Risiken besprochen und Mehrheitsfördernde Änderungen vorgenommen. Das bedeutet nicht, dass alle einer Meinung sind. Für die Verschiedenen Mitglieder sind unterschiedliche Argumente unterschiedlich gewichtet.

c) zweite Anhörung

Findet sich innerhalb des Ausschusses eine Mehrheit wird der Antrag erneut an alle Bundesabgeordneten verschickt, zudem kann man davon ausgehen, dass die Mitglieder einer Fraktion von ihrem „Expertengremium“ Handlungsanweisungen erhalten, haben sie sich nicht selbst tiefgreifend mit dem Thema befasst. In der Folge können die Abgeordneten in der zweiten Sitzung selbst Argumente vorbringen, oder Änderungsvorschläge einbringen. Beschließt der Bundestag Änderungen beginnt die Arbeit der Ausschüsse erneut, um die beschlossenen Änderungen aufzunehmen. Dieser Schritt kann allerdings mit einer Zweidrittelmehrheit übersprungen werden.

d) dritte Anhörung

In der Finalen Abstimmung kann erneut eine Ansprache gefordert werden, wenn dies die Mitte des Bundestages so fordert. Dabei kann aber nur noch auf die Änderungen aus Durchgang zwei eingegangen werden. Ist das nicht der Fall kommt es zu einer Schlussabstimmung. In der Folge gibt es zwei Möglichkeiten. Entweder ein Gesetz schafft es durch den Bundestag oder nicht. In dem Fall, dass es abgelehnt wird, wird es entweder verworfen oder zu einem späteren Zeitpunkt mit geforderten Anpassungen erneut dem Bundestag vorgelegt.

Gründe für Investitionsstau

Es gibt noch zwei weitere Gruppen die Gesetze einbringen können, das können Sie hier im Detail nachlesen. Was für uns wichtig ist, dass bei den beiden noch einmal jeweils mindestens sechs Wochen draufkommen. Zudem kommen entschiedene Gesetze zunächst noch einmal vor den Bundesrat, kommt es dabei zu Komplikationen wird es zeitlich nochmal teuer. Schaut man sich das an wundert man sich nicht, warum viele Gesetze so lange dauern. Zudem ist das System in Deutschland auch darauf ausgelegt Minderheiten stark zu berücksichtigen, dadurch können allerdings Parteien wie die AFD den Prozess nochmal verzögern, von welchen Rechten sie durchaus Gebrauch machen. Allerdings darf man nicht vergessen, dass in Notzeiten auch Protokolle greifen, die den Entscheidungsprozess entscheidend kürzen!

Natürlich kann man durch diesen auch Bürokratischen Aufwand einen „Action-lag“ feststellen, also eben der Unterschied zwischen Event und Reaktion, wobei auch unangenehme Nebenwirklungen entstehen können. Dennoch bin ich der Meinung das der große Investitionsstau nicht deshalb entstanden ist. Ob Klimawandel oder Digitalisierung. Das Problem in Demokratien ist vielmehr, dass Politiker logischerweise vieles aus dem Antrieb machen wiedergewählt zu werden. Das ist auch erstmal nicht verwerflich, da es bedeutet, dass sie genau das machen, was die Wähler von ihnen wollen und die Mainstream Einstellungen ihrer Wählergruppe oder neuen Wählergruppen vertreten. Im Umkehrschluss bedeutet das leider, dass wichtige Themen wie der Klimawandel verschlafen wurden, da die Folgen lange Zeit nicht für Otto Normalverbraucher spürbar waren und die Dollarzeichen in den Augen eben die Vernunft der Wissenschaft verdrängen.

Was mich zu dem zweiten Punkt bringt. Große Einflussgruppen sprich Lobbyverbände haben großen Einfluss in der Politik und da beispielsweise Bekämpfung des Klimawandels voraussichtlich Gewinneinbußen für die Automobilbranche bedeutet hätten, hat diese große Kampagnen gegen die Auswirkungsprognosen gemacht. Das passiert direkt über Lobbyisten, die mit Politikern sprechen. Allerdings gibt es noch einen subtileren Weg, der oft gar nicht benannt wird, mithilfe von bezahlten Studien werden konträre Ergebnisse „herausgefunden“. Diese Studien landen in der Regel über die Medien wiederum bei der Öffentlichkeit und beeinflussen dadurch erheblich die öffentliche Meinung.

Fazit

Nun fragen Sie sich sicher was das mit dem Thema zu tun hat. Zuvor hatte ich ja erwähnt, dass das Ziel von Politikern vereinfacht ist, wiedergewählt zu werden und dafür muss man im Wählersinne entscheiden, jedenfalls von denen man gewählt werden möchte. Nun sorgen Interessensverbände indirekt über Medien dafür, dass die öffentliche Meinung beeinflusst wird. In unserem Beispiel fährt die Autoindustrie negative Kampagne gegen Klimawandelbekämpfung. Dabei bin ich der Meinung, dass der subtile Einfluss auf die Öffentlichkeit unterschätzt wird und das viel größere Problem des Lobbyismus ist, da fehlende öffentliche Unterstützung letztendlich zu keinen progressiven Gesetzen führt.

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